Dienstag, 31. Januar 2012

Wasser und Plastik

Meine Schneidezähne sind inkompetent…


Zumindest gilt dies, wenn sie hier einer ganz neuen Tätigkeit nachgehen sollen – dem Öffnen der kleinen Plastikbeutel mit je 500ml sterilisiertem und oft auch herrlich gekühltem Wasser, das es in Ghana an fast jeder Straßenecke von Kindern und anderen Verkäufern zu erwerben gibt. Um an das erfrischende Nass zu kommen – und trinken könnte man bei den herrschenden Temperaturen praktisch ständig – muss man den Beutel öffnen. Dazu benötigt man seine Schneidezähne, und irgendwie scheint jeder hier außer mir das Kunststück zu beherrschen, ein kleines Loch in eine Tütenecke zu reißen, aus der sich dann das Wasser trinken lässt. Bis ich diese Meisterleistung vollbracht habe, haben die übrigen Trinkenden ihren Wasserbeutel oft schon leergeschlürft.

Wir müssen dringend trainieren, meine ghanaunerfahrenen Schneidezähne und ich! Aber wir geben nicht auf – bis in drei Wochen sind wir sicher Wassertütenaufreißexperten.

P.S.: In Deutschland, dem Land der PET-Flaschen und Tetrapacks, gibt es diese Wasserbeutelchen nicht. In Ghana und vielen anderen afrikanischen Ländern sind sie, seit sie vor ca. 15 Jahren aus Europa eingeschleppt wurden, allgegenwärtig. Hier sind sie einerseits preislich attraktiv, trotz eines leichten chemischen Beigeschmacks im lauwarmen Zustand hygienisch als Wasserquelle, aber sie schaffen auch ein gewaltiges Müllproblem, denn wohin mit dem leergesaugten Beutelchen? Da bleibt oft nur die Entsorgung auf der Straße… und das sieht man auch auf Schritt und Tritt. 

War es früher schlechter (wie auch immer man dies nun definiert), als die Wassertütchen noch nicht verfügbar waren und die Menschen ihr Wasser aus Naturmaterialien wie etwa mit Hilfe einer Kokosnussschale aus einem größeren Gefäß namens Calabash schlürften? Ein Anlass zum Nachdenken über „modernen“ Fortschritt und die Veränderungen von Konsumgewohnheiten ist es allemal.

(Marion Müller)

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