Montag, 11. Februar 2013

Samstags auf der Strasse

3 ½ Stunden Busfahrt nach Kumasi: Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Gliedmaßen (insbesondere wenn man quasi direkt vor der Gangschaltung sitzt, jedes Mal für den fünften Gang die Beine nach rechts bewegen muss und die Füße nur auf einer schrägen Fläche abstellen kann), sondern auch die Gelegenheit, Beobachtungen am Straßenrand zu machen. Neben dem üblichen Bild (Bretterbuden, Straßenverkäufer, roter Sand, allerdings mehr Vegetation als in der Küstenregion) habe ich den Eindruck gewonnen, dass samstags in Ghana die Taxen gewaschen werden. Mehrfach habe ich eingeschäumte Wagen gesehen, die der Besitzer dann auch noch liebevoll mit einem Lappen abrieb. Eine andere Methode ist die Trockenwäsche. Man nimmt sich ein langes Tuch, stellt sich etwa einen halben Meter vom Auto entfernt auf und schlägt mit dem Tuch immer wieder gegen das Auto.


Außerdem war auch – wie immer samstags – Beerdigungstag, dementsprechend sah man vielfach Versammlungen von Menschen in Schwarz, Braun und Rot, die sich auf Plastiksesseln um einen mit voller Kraft dröhnenden, riesigen Lautsprecher versammeln. Die Kleidung ist westlich oder auch traditionell, also sieht man teilweise Männer, die sich ein riesiges Stück Stoff – das dann teilweise auch durch den Wind wie ein Segel aufgeblasen wurde, wenn sie es wieder ausrichteten – ähnlich wie eine Toga um den Körper geschlungen haben: es wird unter einem Arm durchgeführt, und die langen Enden hängen über der anderen Schulter nach vorne und hinten herab. Die Frauen tragen häufig zu einem Kleid noch ein ca. 1 m breites rechteckiges Tuch, das manchmal als breite Schärpe gebunden wird, teilweise aber auch so gebunden ist, dass es quasi wie ein zweiter Rock über dem langen Kleid zu sehen ist. Meist ist es aus dem gleichen Stoff wie das eigentliche Kleid.


Einmal fuhr auch auf der Straße ein Laster mit dem Sarg und die Trauergäste liefen am Straßenrand entlang. Insgesamt ist das offenbar keine ausschließlich traurige Angelegenheit, sondern auch eine soziale Zusammenkunft, bei der man das gelebte Leben des Verstorbenen feiert.

In den Läden oder besser gesagt: im Freien vor den Läden, kann man auch wirklich verrückte Sargformen sehen. Gestern z.B. ein zusammengeklapptes Buch, eine Banane oder andere kuriose Designs, die aber unter den Planen, mit denen sie gegen den allgegenwärtigen Staub geschützt werden, nicht genau zu erkennen waren. Es gibt auch Särge in Normalform, die können dann allerdings komplett mit Gold- oder Silberfolie bedeckt sein.


Was es noch auf den Straßen gibt: Regelmäßige Polizeikontrollen. Mancher Ghanaer sagt, sie dienen der Sicherheit und kontrollieren insbesondere, ob die Fahrzeuge verkehrstauglich sind und die Bestimmungen eingehalten werden  (z.B. müssen die Fahrer angeschnallt sein). Bruno dagegen sagt, dass sie die Kontrollen vor allem machen, um Geld abzukassieren. Ich konnte mehrfach beobachten, dass in den Papieren, die unser Fahrer Polizisten zur Kontrolle gab, elegant ein  1-Cedi-Schein untergebracht war, der dann irgendwie verschwand…


(Ursula Leiters)



1 Kommentar:

  1. FASZINIEREND!

    Jetzt habt ihr "Ghanerinnen" fast 90 Minuten von der Arbeit abgehalten, weil es so unterhaltsam und spannend war eure Berichte zu lesen.
    Mensch, macht doch in der Schule eine Schreibwerkstatt-AG daraus (z.B. im Rahmen eines Junior-Projektes)! Also nehmt die ganzen Texte, ergänzt, überarbeitet sie, baut sie aus, fügt ein paar Fotos hinzu und lasst sie als Buch drucken (aber bloß nicht Book on demand, das ist viel zu teuer) und verkauft das (z.B. zu Gunsten "eurer" Schule) in der Schule oder sogar im Rahmen von Lesungen.

    War toll! Würde gerne mehr lesen!

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