Donnerstag, 2. Februar 2012

Bei Gifty zu Hause

Mittlerweile haben wir die Ghanaer besser kennengelernt. Viele von ihnen wollen uns schon am zweiten Schultag ihren Eltern vorstellen. Gifty lud uns in der Pause zu sich ein. 

Die Pausen in der Schule sind durch das Projekt ziemlich unregelmäßig und noch nicht ganz genau festgelegt. Man kommt irgendwie und geht noch, wie man will. Anfangs dachten wir, dass es circa 15 Minuten bis zu ihrem Zuhause dauern würde, welches noch in Moree liegt. Daraus wurde jedoch ein Fußmarsch von etwa einer Stunde. In den insgesamt zwei Stunden, die wir durch Moree gelaufen sind, haben wir viel Interessantes und für uns Neues gesehen.
Vor allem in den Nebenstraßen wird einem die Armut bewusster. Viele kleine nackte Kinder sitzen auf dem Boden und trinken das Abflusswasser. Ihre Bauchnäbel sind nach außen gewölbt. Überall flog der Staub durch die Luft. Wir wurden von vielen Menschen angestarrt. Vor allem die Kinder kamen auf uns zu und fragten uns: „How are you?“ Sie wollten uns berühren und kicherten die ganze Zeit. Trotz der wirklich schlechten Zustände wirkten sie auf uns fröhlich. Einige spielten Fußball zusammen. Entweder trugen sie keine Kleidung oder die Kleidungsstücke waren zerrissen. Ein Mann wollte uns Fisch verkaufen. Jedoch lehnten wir ab, da um das Essen eine Horde Fliegen herumschwirrte.
Das Haus von Giftys Familie lag im hintersten „Stadtteil“ von Moree. Die Häuser sind sehr heruntergekommen. Giftys Haus lag oben auf einem Berg. Ihr Zimmer war etwa 4 Quadratmeter „groß“. Links stand ein Bett. Ihre Kissen bestanden aus ausgestopften Mülltüten. Darüber war ihre Wäsche aufgehängt. Auf dem winzigen Tisch in der Mitte lag ein Bügeleisen. Man konnte sich kaum drehen und wenden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dort zu leben. Jedoch waren die Ausstattung und die Lage deutlich besser als weiter unten in den Slums. Die Attraktion in Giftys Zimmer war ihr eigener Fernseher. Sie war sehr stolz auf ihn, doch das Bild war verschwommen und wackelte.
Zuerst haben wir Giftys Mutter begrüßt. Sie war gerade dabei Essen zu kochen. Frisches Wasser gab es dazu nirgends. Wir stellten uns vor, und sie wollte unbedingt ein Foto mit uns machen. Anschließend sind wir zu Giftys Vater gegangen. Als wir ihm die Hand entgegenstreckten, nahm er sie nicht. Er sagte uns nur so: „Hello!“ Dennoch war er sehr freundlich.
Dann sind wir zum Strand gelaufen, um Giftys Onkel zu begrüßen. Er besitzt ein Boot, welches bunt angemalt war. Unserer Meinung nach war das frisch angestrichene Fischerboot das schönste Exemplar unter denen am Strand, und das nicht einmal, weil es das größte Boot war.
Nachdem wir einige Fotos gemacht hatten, machten wir uns auf den Rückweg. Wir fragten uns, wann Gifty morgens aufstehen muss, um pünktlich in der Schule zu sein. Sie erzählte uns, dass sie sich um fünf Uhr fertig macht und dann losläuft. Für uns war der Rückweg sehr anstrengend. Die Sonne, die Hitze und der wirbelnde Staub machten uns zu schaffen. Nach einer Stunde Rückweg kamen wir an der Schule völlig erschöpft an. Wir haben viel Interessantes und Neues gesehen. Trotzdem waren wir ein wenig geschockt von Giftys langen Schulweg.
Heute hat Gifty uns Orangen geschenkt. Dies wissen wir jetzt richtig zu schätzen, weil wir durch den Besuch bei ihr zu Hause wissen, wie wenig Geld sie und ihre Familie haben. Später haben wir von Frau Müller erfahren, dass sie zu ihr gekommen ist und nach der deutschen Übersetzung für „I want you as my friend“ gefragt hat. Frau Müller hat sie gefragt, zu wem sie „Willst du meine Freundin sein?“ sagen möchte. Sie hat geantwortet, dass sie dies zu einem deutschen Mädchen sagen möchte, falls sie sich traut. Gifty ist uns in ihrer ruhigen und lieben Art richtig ans Herz gewachsen.
(Katrin und Sabrina Wiersdörfer)

2 Kommentare:

  1. Liebe Kartin, liebe Sabrina,
    bzw. natürlich auch an alle anderen Bloggerinnen und Blogger :)

    ich bin heute nur durch Zufall auf diesen kleinen aber sehr interessanten Blog gestoßen. Und ich muss sagen, ich finde ihn einfach nur toll :) es ist spannend aus erster Hand zu erfahren wie es ist sich in einer völlig fremden Kultur zu bewegen und wie sich die Einheimischen einem gegenüber verhalten.

    Ich habe zwar erst bis hier hin gelesen, aber dass was ich alles schon erfahren habe, weckt in mir die Neugier auf mehr! Also werde ich ganz sicher weiterlesen und euch zuhören was ihr zu sagen habt :)

    Ihr habt geschrieben, dass ihr Fotos gemacht habt, wäre es möglich in den folgenden Blogeinträgen immer ein paar dieser Fotos beizufügen? Ich und ich denke auch die anderen Leser würden uns darüber sehr freuen. Denn durch Fotos lässt sich (meiner Meinung nach) meist ein besserer Eindruck von der Situation vermitteln :)

    Ich freue mich auf viele weitere eurer spannenden Blogbeiträge.

    Euer JohnBlog ;)

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    1. Vielen Dank für die freundlichen Grüße! Wir freuen uns sehr über Resonanz - und wenn sie dann auch noch positiv ist, ist das besonders toll!

      Was die Fotos angeht: Wir würden sehr, sehr gerne jede Menge Bilder in den Blog einbauen und haben dies auch spätestens wenn wir Ende Februar wieder in Deutschland sind, fest vor, aber im Moment stoßen wir hier leider an die Grenzen unserer Internetkapazität. Die Ladezeiten sind für Bilder aller Art (geschweige denn Filmchen, die es natürlich auch gibt) extrem lang und saugen sofort die Internet-Sticks leer. Das nächste Internet-Café in Cape Coast, wo es etwas flotter geht, ist immer eine längere Taxifahrt entfernt, so dass wir vorerst mit der Bebilderung sparsam sein müssen. Leider! Wir versuchen es aber weiterhin!

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