Montag, 13. Februar 2012

Kirche am Sonntag

Gottesdienste und Religion sind - so unser Eindruck - in den Familien unserer ghanaischen Schüler sehr wichtig. Und auch wir wollten hautnah miterleben, wie in Ghana Religion zelebriert wird. Da kam uns eine Einladung unseres Fanti-Lehrers gerade gelegen.



Vergangenen Sonntag haben wir uns ganz früh auf die Socken gemacht, um mit unseren ghanaischen Partnerinnen und Partnern sowie unserem Fanti-Lehrer Mr. John in die katholische Kirche in Moree zu gehen. Nach einigen Startschwierigkeiten mit dem Treffpunkt und der Uhrzeit schaffen wir es doch noch, mit NUR einer Stunde Verspätung in die Kirche zu kommen. Das war allerdings gar nicht so schlimm, da das hier völlig „normal“ ist. Zudem dauert eine gewöhnliche Sonntagsmesse hier drei Stunden, was für deutsche Gewohnheiten ja auch sehr lang ist.
Bevor wir die Kirche betraten, mussten wir an den „Aufpassern“ vorbei, welchen Mr. John erklärte, wer wir sind und woher wir kommen. Als wir schließlich in die Kirche kamen, drehte sich die gesamte Gemeinde um. Selbst der Pastor hörte auf zu predigen, und wir fühlten uns natürlich „dezent“ beobachtet. Der Pastor begrüßte uns dann – auf Fanti, muss man dazu sagen – und sagte etwas, woraufhin die ganze Kirche herzlich lachte.
Wir setzten uns in die letzten Reihen und versuchten uns so unauffällig wie möglich zu verhalten, doch die Aufmerksamkeit schwand irgendwie nicht. Nachdem der Pastor mit vollem Elan zu Ende gepredigt hatte, machte er noch eine kurze Zusammenfassung auf Englisch, extra für uns. Kurz darauf folgte die Kollekte, bei der die ganze Gemeinde nach vorne tanzte und eine Art Fest aus dem Geldeinsammeln machte. Diese Kollekte war zur Unterstützung der Gemeinde in Moree gedacht.
Die gesamte Liturgie der Messe wurde von einem Gospel-Chor begleitet, der die Feier noch lebendiger gestaltete als sie ohnehin schon war. Besonders während der Eucharistiefeier tanzte der Chor durch die Reihen. Begleitet wurde er von Trommeln, und aus großen Boxen schallte die Musik. Wie auch vorher schon bei der Kollekte tanzten alle Gemeindemitglieder im Rhythmus nach vorne, um die Kommunion zu empfangen. Sie wurde als Mundkommunion verteilt, was ja in Deutschland nicht unbedingt üblich ist. Anschließend erfolgte zu unserer Überraschung eine erneute Kollekte, deren Sinn wir zuerst nicht begriffen. Unser Fanti-Lehrer erklärte uns dann aber, dass während dieser Runde der Kollekte nach den Tagen, an denen man geboren worden ist, gespendet wird. Das Geld ist nun speziell für die Bedürftigen der Gemeinde gedacht. Doch leider hatten wir unser mitgebrachtes Geld schon bei der vorherigen Einsammlung abgegeben.
Nachdem sich die Gemeinde wieder beruhigt und gesetzt hatte, wurden wir als Gruppe unerwartet nach vorne gerufen. Dort erklärte Mr. John etwas über uns und den Hintergrund unseres Aufenthaltes in Moree. Nach seinem gefühlt etwa zwanzig Minuten langen Vortrag auf Fanti, bei dem wir vor dem Altar standen und von der gesamten Gemeinde eingehend, aber freundlich gemustert wurden, bedankte sich Carolin Both im Namen aller auf Englisch für die Gastfreundlichkeit und erklärte, dass wir sehr froh seien, hier in Ghana sein zu können. Später stellte sich noch jede von uns mit ihrem deutschen Namen und mit ihrem Fanti-Namen vor, wobei bei Lara (bzw. auf Fanti Adwoa) besondere Begeisterungsstürme hervorgerufen wurden. Warum dies so war, ist uns jedoch immer noch ein Mysterium. Nachdem wir uns unter großem Applaus wieder hingesetzt hatten, ging die Messe weiter.
Zum Auszug wurden alle Gemeindemitglieder mit Weihrauch gesegnet, und der Chor, ebenso wie die Messdiener und der Pastor, stellten sich im hinteren Teil der Kirche auf, ehe sie feierlich auszogen. Die Grundzüge der Messe waren im Vergleich zu einer typisch deutschen katholischen Messe sehr ähnlich, und so erkannten wir die meisten Gebete und Lieder in ihrer Funktion wieder. Der Aspekt, der uns am meisten in Erinnerung geblieben ist, war die Tatsache, dass die Messe viel lebendiger und offener gestaltet war als in den meisten unserer Gemeinden zu Hause. Wir haben diese Messe sehr genossen und sind dankbar, eine solche Erfahrung gemacht haben zu dürfen.
(Alice Gierke und Lara Löttgen)

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